Selbstbestimmtes Einschlafen. Spoiler: Nein

Bislang habe ich mich bei den meisten Diskussionen um Erziehungsstile, Ernährungs- und Fortbewegungsmöglichkeiten fein rausgehalten. Die meist dogmatisch geführten Unterhaltungen habe ich nickend und winkend gelesen und weitergescrollt.

Selbstbestimmtes Einschlafen? Hm, wirklich?
In den letzten Tagen begegnen mir vermehrt Blogartikel zum Thema „selbstbestimmtes Einschlafen.“ Und ich in meiner kindlichen Neugier habe mir diverse Artikel durchgelesen und dabei vermehrt einsetzendes Kopfschütteln verspürt. Obacht: Hier geht’s um meine Meinung und nicht um eine Abwertung anderer Erziehungsformen. Aber meine Meinung, meine Bewertung, ja, die gibt’s jetzt hier. Denn – darauf bestehen wir ja alle: Jeder macht es so, wie er/sie/es für richtig hält.

Ich habe mal kurz darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, wenn der Keks ab sofort selbst entscheidet, wann sie ins Bett geht. Dann habe ich kurz gekichert und beschlossen, es nicht mal auf einen Versuch ankommen zu lassen. Etwas weniger polemisch ausgedrückt, begründe ich es folgendermaßen:

Ich bin die Expertin für mein Kind und verantwortlich für ihre Gesundheit
Ich kenne mein Kind. Ich kenne sie in der Variante ausgeschlafen und in der Ausgabe sehr sehr übermüdet. Und sie wäre übermüdet, wenn ich sie Abends nicht „beizeiten“ ins Bett schaffen würde. Sie wird morgens von uns geweckt, damit sie pünktlich, d.h. vor unserem Arbeitsbeginn in der Kita ankommt. Und so ein Kitatag hat es in sich: Andere Kinder, Geräusche, Reize, Hunger, Pipi, kalt, müde… Da prasselt viel auf ein Kind ein. Das alles verpackt sie außerordentlich gut, wenn wir dafür sorgen, dass sie darauf gut vorbereitet ist. Und dafür sorgen wir abends, wenn wir sie in den Schlaf begleiten, der so spätestens um 20.30 Uhr einsetzen sollte. 20 Uhr ist optimal. Denn nicht nur, dass sie unausstehlich ist, wenn sie übermüdet ist, es ist schlicht nicht gesund, regelmäßig zu wenig zu schlafen.

Ich kann das für mich besser regulieren, ich kann sowieso besser für mich sorgen, als es eine 2,5-jährige kann. Es ist außerdem unsere Aufgabe als Eltern, für die Gesundheit unserer Kinder zu sorgen. Dazu zähle ich neben ausgewogener Ernährung, Bewegung und frischer Luft eben auch Schlaf. Zu wenig ist ungesund, die ganzen Reize des Tages müssen ausreichend verarbeitet werden. Punkt. Ich weiß das, ich bin aber auch schon unwesentlich älter als 2,5. Ich bin die Mutter, die sagt, dass das Sandmännchen gleich kommt (egal wann, wird aufgenommen) und dann geht’s ins Bett. Wir haben ein sehr schönes Abendritual, das dem Kind auch immer einen gewissen Handlungsspielraum einräumt. „Erst puzzeln, dann Schlafsack. Erst nochmal puzzeln.“ Ich gebe ihr das Gefühl, noch Zeit rauszuschlagen (die ich vorher großzügig mit einkalkuliert habe, und dann liegt sie nach MEINEM Zeitplan relativ pünktlich im Bett, ist sehr zufrieden, hat noch eine schöne Geschichte vorgelesen bekommen und schläft händchenhaltend ein. Für unser Kind passt es also derzeitig genau so. Und – obwohl das für mich selbstverständlich ist – unterstelle ich niemanden, der selbstbestimmtes Einschlafen praktiziert, weniger Sorge ums Kind. Ist hoffentlich klar…?!

Feierabend und Freizeit – unbezahlbar
Und jetzt kommt noch ein wichtiger Aspekt neben der Tatsache, dass ich es für unabdingbar halte, Kindern ausreichend Schlaf zu kommen zu lassen: Ich habe Feierabend. Gut, manchmal mache ich noch was im Haushalt, aber oft genieße ich eine gemeinsame Stunde mit dem Gatten auf der Couch oder der Terrasse. Das mag egoistisch klingen, trägt aber enorm zur allgemeinen Zufriedenheit innerhalb unserer Familienverbandes bei. Es ist eine Winwin-Situation für alle: Kind steht ausgeruht auf, wir gehen entspannt zu Bett.

Regeln und feste Zeiten geben Sicherheit
Ebenfalls bemerke ich oft, dass Tage mit der immer gleichen Struktur und dem „hangeln“ an festen Zeiten und Regeln dem Kind Sicherheit bieten. Ich weiß das noch von mir selber: Je kalkulierbarer die Zeiten, desto sicherer fühlte ich mich. Und auch das ist mein Job: Dem Kind Sicherheit und ein Gerüst zu geben, innerhalb dessen sie sich dennoch relativ frei bewegen kann. Aber – das Gerüst hat eben Grenzen. Meine Grenzen.
Sie darf sehr viel selbst entscheiden und wird in ihrer Autonomität von uns sehr angekommen, auch sehr bedürfnisorientiert. Sie darf über ihren Körper selbst bestimmen und kräftig nein sagen. Aber sie darf nicht entscheiden, sich die Zähne nicht zu putzen oder die Nacht zum Tag zu machen. Noch nicht. 😉

Mein Haus, meine Grenzen.

Und jetzt: Feuer frei.

Kommentare (17)

  1. Tja… die Frage ist eben: Was machst du, wenn deine festen Bettzeiten und das Ritual nicht ausreichen, damit dein Kind einschläft? Wenn die Einschlafbegleitung mehr als 2 Stunden dauert und du total genervt an deinen schönen Feierabend vor dem Fernseher denkst, während du nutzlos neben deinem wachen Kind liegst? Die
    meisten Eltern da draußen probieren das selbstbestimmte Einschlafen nicht aus, weil sie so wahnsinnig modern sein wollen, ihrem Kind alle Entscheidungen zu überlassen oder es nach Jesper Juul ‚gleichwürdig‘ zu behandeln, sondern weil ihr Kind eh bis 22 Uhr im Bett rumturnt und trotz Ritual und fester Zeiten nicht zur Ruhe kommt. Solche Kinder soll es auch geben. 😉

    LG, Snowqueen

    1. Hallo und willkommen hier. Danke für den Kommentar. Ja, solche Kinder gibt es und würden sich hier die Zeiten verschieben, würden wir uns auch drauf einstellen. Mir ist halt auch alleine schon Abends wichtig, dass der Keks runterkommen kann.

      Und die Eltern, die keine andere Chance haben, die meine ich nicht. Sondern eben die, die sagen: Mein Kind soll das selbst entscheiden. Und das finde ich, geht eben nicht. Wir müssen regulieren. Obs mit verdunkeln und ruhig lesen ist oder mit Händchen halten etc.
      Von uns Eltern muss der Impuls ausgehen, die Struktur vorgegeben werden.
      Unser Kind schläft auch manchmal schneller (heute), manchmal langsamer (gestern) ein. Aber sie ist in Schlafklamotten und final im Schlafsack und weiß, dass der Tag zu Ende geht.
      Dabei begleite ich sie.

    2. Wir haben die Herausforderung auch mit unserem fast 3 jährigen. Er findet abends oft nicht in den Schlaf. Was bei uns geholfen hat: Alle Reize aus dem Abend nehmen – sprich kein Sandmännchen kucken, maximal ein kurzes Hörspiel hören. Er bleibt nach der Geschichte und dem Schlaflied im Bett und darf sich im abgedunkelten Raum noch ein Buch ansehen oder mit seinem Lieblingsauto spielen. Die Tür zum Zimmer steht sperrangel weit offen, er hört uns also. Aber er bleibt im Bett. rumgelaufen wird nicht. Das hat natürlich nicht von Anfang an funktioniert. Viele abende kam er wieder und wieder raus und wollte kucken, was wir machen. Geduldig und mit ruhigen Worten haben wir ihn wieder ins Bett gebracht. Und nein, wir haben ihn nicht schreien lassen. Aber eine Einschlafbegleitung kann ich mit 4 Kindern nicht leisten, schon gar nicht wenn der Mann regelmäßig auf Geschäftsreise ist.

      1. Dein Kommentar ist eine gute Ergänzung zu dem, wie ich es meine. Bzw eine „Anpassung“ an Eure Situation. Es ist bei uns Dreien ja kein Vergleich zu Euch, aber jeder sollte „zu seinem Recht“ kommen.

  2. Ich stimme dir in allen Punkten zu. Habe in letzter Zeit auch vieles zum selbstbestimmten Einschlafen gelesen. Unser Weg ist das nicht. Unser Großer hat recht früh Abendrituale gehabt (die sich auch ein bisschen verändert haben, mit dem Abstillen, mit Abgewöhnung der Nachtflasche, etc.) und wir haben immer ungefähr die gleiche Zeit angepeilt, um ihn ins Bett zu bringen. Schlafen war noch nie sein großes Talent. Und da ich wusste, dass ich nicht nur tagsüber, sondern auch nachts von ihm gefordert wurde (er hat erst mit 18 Monaten durchgeschlafen), waren mir die zwei Stunden am Abend, die ich allein oder mit meinem Mann hatte, heilig!

    Dann lese ich sowas wie: Das Kind darf bestimmen wann es ins Bett geht aber die Eltern sind dann nicht mehr Spiel- oder Gesprächspartner. Da hab ich dann doch nervöses Lidzucken gekriegt. Funktioniert hier null! Unser Sohn spielt wenig allein und fordert das Mitspielen und Vorlesen ein. Und wann er ins Bett geht..ja das würde er ganz einfach beantworten: wenn Mama und Papa ins Bett gehen. Ergo kein Feierabend für uns. Nee..bisschen muss ich auch an mich und meine Ehe denken.

    Und der Punkt Gesundheit und Ausgeglichenheit ist meiner Meinung nach ganz wesentlich. Sein Alltag ist stark ritualisert, wir unternehmen viel mit ihm, sind bei fast jedem Wetter draussen. Er braucht seine festen Zeiten, sondern mutiert er zum Rumpelstilzchen. Und wird infektanfällig. Die Krux ist außerdem: Geht er mal später ins Bett heißt das im Umkehrschluss nicht, dass er auch länger schläft. Er ist trotzdem um die gewohnte Zeit wach. Und der Tag, der darauf folgt..der macht keinen Spaß.

    Von daher gibts hier jeden Abend das gleiche Prozedere und die kleinen Geschwisterkinder wachsen da nun auch schon rein. Uns geht es gut damit.

    1. Willkommen hier. 🙂
      Du sprichst noch einen wichtigen Punkt an: Das Kind soll entscheiden, die Eltern sind dabei nur „da“. Ich frage mich, welches Bild sich dem Kind da vermittelt. Es ist so schwammig in meinen Augen und ich meine, Kinder brauchen da eher Klarheit.

  3. Wie du schreibst, Regeln sind wichtig. Kinder brauchen ein Gerüst, an dem sie sich orientieren können. Nur das gibt Sicherheit.
    Ich lese hier erstmals von selbstbestimmtem schlafen, und bin echt froh darüber, darüber, dass es „zu meiner Zeit“ noch kein Internet nebst Erziehungsforen gab. Mir war das Erleben einiger anderer Mütter und ihre Erziehungs- oder Nichterziehungsmethoden so schon suspekt genug.
    Selbstbestimmtes Schlafen. Hm … Nö 😉

    1. Danke.
      Ja, ich glaube, die vielen Möglichkeiten können einen auch verwirren.

      Wir erziehen auch schon ganz anders, als unsere Eltern, aber in diesem Punkt ist es bei mir eine Mischung aus Bauchgefühl und dem, was ich als schlicht notwendig erachte.

      1. Bauchgefühl und der Tatsache, dass für mich Leben eine Verkettung aus Prioritäten und den Konsequenzen daraus ist. Wenn man bei allem was man tut (das gilt allgemein und somit auch für Erziehung) die möglichen Konsequenzen im Auge hat, ist viel gewonnen. Wie: kein oder wenig Schlaf gleich schlechtgelauntes Kind. Im Umkehrschluss aber auch: wenn Kind mich braucht, muss ich da sein, weil es sich sonst alleine fühlt. Mehr brauchte ich nie.

        1. Damit bringst Du es für mich exakt auf den Punkt. <3

          Ich bin immer für sie da. Weshalb ich auch oft nachts zu ihr umziehe zum trösten und Händchen halten. Aber erstmal wird geschlafen. 😉

  4. Kein Feuer frei! Ich stimme Dir vollkommen zu. Bei uns gibt es auch kein selbstbestimmtes Zubettgehen. und auch sonst keine komplette Selbstbestimmung. Wir sind eine grosse Familie und müssen als Gemeinschaft funktionieren. Das heisst jeder muss seine Bedürfnisse mal zurückstellen und jeder darf seine Bedürfnisse mal ganz nach vorne stellen. Lustigerweise habe ich auch gerade heute dazu geschrieben: http://www.meinmini.me/selbstbestimmt-fremdbestimmt-wer-bestimmt/

  5. Ich stimme dir zu, auch ich praktiziere kein selbstbestimmtes Einschlafen. Ich habe hier eine kleine Nachteule, die an Sylvester die letzte ist, die noch tanzt.
    Ich fände selbstbestimmtes Einschlafen nur in der Kombi mit selbstbestimmtem Aufstehen gut, da wir aber alle pünktlich zur Arbeit, in die Kita, zur Tagesmutter müssen, ist das nicht möglich. Ich sehe es auch als meine Verantwortung an, dafür zu sorgen, dass die Kinder ein Mindestmaß an Schlaf nicht unterschreiten und ja ich gebe zu, auch ich brauche Feierabend.
    Unsere Testphasen von „sie geht ins Bett wann sie will“ z.B. im Urlaub haben bei uns nicht funktioniert, sondern sind nach einigem Tagen in völliger Erschöpfung und schlechter Laune der Motte gemündet.
    Vielleicht gibt es ja tatsächlich Kinder, die sich besser regulieren können – meine Tochter gehört leider nicht dazu.
    Glg Elli

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