Bloggen als Hobby – wieso?

„Du bloggst? Warum? Was schreibst Du denn da? Du musst ja viel Zeit haben.“
„Komme ich jetzt auch in Deinem Blog vor? *hier genervten Unterton imaginieren*.“
„Und da erzählst Du Privates von Dir? Krass.“
„Du postest Bilder vom Kind?“
„Und Du triffst Dich mit WILDFREMDEN Menschen?“

So oder ähnlich verlaufen die meisten Gesprächseinstiege mit Menschen, die nicht bloggen (oder twittern). Ich will die Fragen heute gerne einmal ausführlich beantworten.

Du bloggst? Warum? Was schreibst Du denn da? Du musst ja viel Zeit haben.“
Zunächst einmal kommt meiner Bloggerei zu Gute, dass ich generell sehr mitteilsam bin. Wenn man nicht der Meinung wäre, der Welt unbedingt etwas mitteilen zu müssen, wäre die Anschaffung eines Blogs überflüssig. Vor allem aber dient mir mein Blog als Tagebuch, Gedächtnisstütze, Rezeptheft und Kontaktmöglichkeit. Für die ersten drei Dinge könnte ich auch analoge Heftchen mit Text befüllen, aber meine Schrift ist eine derartige Sauklaue, ich könnte meine Niederschrift schon am nächsten Tag nicht mehr lesen.
Und dann ist ja noch die Sache des Kontaktpflegens. Mir folgen viele Menschen so viele Jahre, einige bereits in den Vorgängerblogs, so dass ich mich einfach jedes Mal freue, wenn ein Feedback kommt. Viele kennen meine „Geschichte“, viele haben mir in schweren Zeiten durch liebe Kommentare und Mails eine Menge Unterstützung angedeihen lassen, dafür bin ich sehr dankbar. Es ist also ein Geben und Nehmen. Wie alles im Leben.

Der Faktor Zeit ist wie bei jedem Hobby: Man muss sie sich nehmen. Ich blogge dann, wenn ich Zeit habe, viele Artikel blogge ich im Voraus und programmiere ihr Erscheinen vor. Es kann also sein, dass ich an einem freien Abend 5 Artikel schreibe und sie nach und nach wie von Zauberhand die Woche über online gehen. Der Aufwand ist also gering. Manchmal schreibe ich auch erst mal ein Textgerüst, weil ich z.B. weiß, dass wir auf eine Veranstaltung gehen o.ä. und füge dann nur noch die Bilder und Kleinigkeiten hinzu. Auch das ist wenig Aufwand, wenn man Vorarbeit geleistet hat.

Gegenfrage: Warum nähst, häkelst, backst, joggst und fussballst Du? Weil es Dir Spaß macht. Kostet auch Zeit, auch die nimmst Du Dir.

„Komme ich jetzt auch in Deinem Blog vor? *hier genervten Unterton imaginieren.“
Nein. Und wenn doch, habe ich Dich vorher gefragt. Oder weiß, dass Du nichts dagegen hast.
Es gibt allerdings ein paar goldene Regeln für mein Bloggen: Es wird niemand gebasht, es werden keine mir im Vertrauen erzählten Geheimnisse ausgeplaudert und es werden Persönlichkeitsrechte gewahrt.
Es käme mir auch nie in den Sinn, über den Ehemann zu ranten, weil er dies oder jenes tut oder lässt oder ich ihn vielleicht grad sonst wie doof finde. Das geht Euch nichts an und wäre extrem unfair. Es wäre nur meine Sicht der Dinge, es würde ihn bloßstellen und er hätte, außer in der Kommentarfunktion keine Möglichkeit, sich zu verteidigen. Vor allem aber wäre es auch eins: Unnötig. Wer uns kennt weiß, dass wir gepflegt zu streiten pflegen, aber kein großes Ding draus machen. Streiten, vertragen, fertig.

Und andere Erlebnisse mit meinem Mitmenschen, die ich als bloggenswert empfinden würde, würden eben nur gebloggt, wenn die Frage: „Darf ich darüber schreiben“ bejaht würde. Siehe oben.

„Und da erzählst Du Privates von Dir? Krass.“
Gegenfrage: Was genau ist daran so krass? Dass ich kein Geheimnis darum mache, dass ich in meinem Leben zweimal Depressionen hatte? Einmal sogar sehr schwer? Dass ich eine Zahnarztphobie habe und sie grad behandeln lasse?
Genau das sind die Themen, die ans Licht müssen. Weil es immer noch Tabu-Themen sind, weil zu wenig darüber gesprochen wird. Ich bekam Mails, voller Fragen, voller Angst, voller Verständnis und mit dem Dank verbunden, dass ich das Thema angesprochen habe. Wer das für sich ausblenden und ignorieren möchte, kann das ja hier auch tun und einfach weiterscrollen.

„Du postest Bilder vom Kind?“
Ja, aber solche, von denen ich meine, dass sie sich später nicht dafür schämt. Ich behaupte, dass ich sie nicht bloßstelle mit den Bildern und Geschichten, die ich über sie teile. Außerdem zeige ich nicht ihr Gesicht. Sie kann irgendwann selbst entscheiden, ob und in wieweit sie das ins Internet hält. Ich finde sie wahnsinnig süß und absolut zeigenswert, aber ich mache es nicht. Ich zeige Momentaufnahmen. Situationen, die ich nicht vergessen will. Mein Wunsch ist es, mit ihr irgendwann das Blog zurückzublättern und ihr all das zu zeigen. Eine moderne Form des Fotoalbums und ein schönes Archiv für Kindheitserinnerungen.

„Und Du triffst Dich mit WILDFREMDEN Menschen?“
Ja. Und das sogar total gerne. Menschen, die man eine Zeit im Internet begleitet lernt man manchmal tiefer und näher kennen, als Leute, die man schon seit 20 Jahren persönlich kennt.
Ende Mai wird eine Bloggerin mit ihrem Sohn bei uns übernachten. Ich „kenne“ sie „nur“ über Facebook, das Blog und Twitter, nicht persönlich und dennoch überlassen wir ihr unser Gästezimmer. KRASS, WA?

Bloggen – es ist mein Hobby. Noch Fragen?

Kommentare (25)

  1. Du bist so Klasse!
    Auch wenn ich nicht mehr blogge, kenne ich die Reaktionen.
    Ich erinnere mich noch zu genau an die Augen meines Arztes in der Reha (in Bad Dürkheim), als ich um die Freigabe einer Außerhausübernachtung in der Lüneburger Heide ersucht hatte. 🙂 Wildfremde Menschen? Aus dem Internet?
    Er hätte nicht anders geschaut, wenn ich von einem Date mit Superman erzählt hätte. 😉

    1. Danke für die Blumen.
      Ach ja stimmt, ich erinnere mich… Du hattest ja abgesegneten Ausgang. Man, das ist aber auch schon lange hier.
      Und schau, wir hätten uns sonst nie kennengelernt. Und das wär so schade.

      Ja, für „Außenstehende“ ist das wirklich schwer zu erfassen. Aber mir war danach, dass mal genauer darzulegen.

  2. Hier ähnliche Reaktionen auf mein Hobby. Zusätzlich die Bemerkung, dass das eigene Leben nicht so interessant wäre, dass sich die Welt dafür interessieren würde.
    Klar, Bloggen, Kommentieren, internette Freundschaften pflegen kostet Zeit. Das gilt aber auch für jedes andere Hobby.
    Auch bei uns haben schon wildfremde Menschen „aus dem Internet“ übernachtet. Inzwischen sogar desöfteren. Ich habe damit bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht. Und es ist wie im richtigen Leben: Manchmal stimmt die Chemie, manchmal nicht oder nach einiger Zeit nicht mehr. Interessant ist es allemal, Menschen zu begegnen, die einem sonst nie über den Weg gelaufen wären.

    1. Achja, den Spruch gibt’s ja auch noch…
      Eben, ob die Chemie „in echt“ dann stimmt ist auf jeden Fall immer ein spannendes Experiment und eine Erfahrung wert. Und bisher habe ich auch überhaupt keine schlechten Erfahrungen gemacht und empfinde jede Begegnung als Bereicherung.

  3. Krass.

    Aber ich kann Dich beruhigen: Dein Besuch benimmt sich, macht ins Klo und ist gesellig. Und das Kind dazu ist – wie alle – bestechlich 😉 Aber auch ein Guter.

    Einzig neidisch bin ich, dass die Gute Dich zuerst kennenlernt, nach den – puuh – zehn Jahren online?

    Aber zum Rest:
    Ich geb da nichts mehr drauf. Sollen die Leute doch denken, was sie wollen und weiterhin die Stuhlgangintima ihrer Kinder im Supermarkt an der Fleischtheke erzählen oder von ihrem geplanten Familienurlaub in der Kneipe, damit auch jeder Bescheid weiß und sich dann darüber wundern, wenn jemand was im Internet schreibt.

    Schöner Ansatz übrigens: Das Brechen mit Tabu-Themen. Vielen hilft es tatsächlich, im Internet anonym zu lesen und zu erleben, dass sie nicht allein sind mit ihrem Problemen oder Sorgen. Uns sich auszutauschen. Was sie oft im direkten Kontakt mit dem vermeintlich persönlichen Umfeld nicht wagen.

    1. Das der anstehende Besuch stubenrein ist, beruhigt mich schon mal sehr. Und mit der Bestechlichkeit von Kindern kenne ich mich ja mittlerweile auch aus.

      Tja, was soll ich sagen? Wir sollten es tun. Einfach mal tun und uns treffen. <3 Und ja, es kommt hin mit den 10 Jahren. Ich habe ja auch schon 2 Blogs verschlissen und kann mich an Dein Alter Ego noch gut erinnern.

      Genau das ist der Punkt, der mich auch oft irritiert: In der Öffentlichkeit wird soviel Privates präsentiert, ganze Branchen leben davon, dass es Leute gibt, die sich 'freiwillig' für Kuppelshows und getauschte Frauen hergeben… da wird so viel Privatheit suggeriert, das stört keinen.

      Die Tabu-Themen sind meine Herzensangelegenheit. Eben weil sie für viele ein Tabu sind.

  4. Na, so was würde ich ja nie machen. Fremde Blogger, die man noch nie gesehen hat, ins Haus holen??? Wohlmöglich noch mehrere gleichzeitig und für die sogar noch eine Gartenparty und ein Restefrühstück am nächsten Morgen ausrichten? Und eine auch noch bei mir übernachten lassen? Mammamia, das würde ich nie, nie, nie machen!

    1. Stell Dir mal vor, sowas hättest Du mal vor ein paar Jahren gemacht? Was das wohl vielleicht für ein schönes Wochenende geworden wäre?
      Mit nassgeregneter Deko, schönen Sachen aus dem schönsten Gartenmarkt und vielen lieben Leuten. So ein Fest, von dem man noch Jahre später spricht. Sprechen würde. Wenn Du sowas verrücktest gemacht hättest. <3

      MAMAMIA! https://www.youtube.com/watch?v=zfRof4YVAwg

  5. *mit Interesse gelesen. // Blogger sind komisch Menschen …. für andere. Für einen selber auch, aber anders komisch. 😉

  6. Komisch, dass Menschen Dich fragen warum du bloggst. Wenn jemand über seine Krebserkrankung bloggt, findet das keiner seltsam. Da applaudieren alle, wenn der Erkrankte über chemo bedingtes Erbrechen oder andere unangenehmen Details schreibt. Ich lese deinen Blog gerne, weil ich dich schon immer mochte, weil ich deine intelligente Art und deine differenzierte Sicht auf die wichtigen Dinge mag. Wie du Sachen von aussen betrachtest und nicht zuletzt, weil ich es schön finde in eine meist glückliche Gemischtwarenladen-Welt zu schauen, lenkt es mich doch ab von meinem anstrengenden Krebsalltag. Mach weiter so und kümmere dich nicht um die Meinung von Menschen, deren Horizont nicht weiter als bis zum Gartenzaun reicht. Ich finde es erfrischend!

    1. Liebe Esther,
      vielen lieben Dank für diese so netten Worte und das tolle Kompliment. Es freut mich sehr zu lesen, dass es Dir hier gefällt und wenn es Dich ein wenig ablenkt, umso besser. Ich bin wirklich gerührt über so liebe Worte. Danke. Fühl Dich gedrückt. <3

      Deine T.

      Habe den Kommentar an einer Stelle überarbeitet, wirst sicher verstehen, weshalb. 😉

      1. Tina, Ich musste es 2 mal lesen bis ich merkte was du überarbeitet hast. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen!😂 sorry dafür, habe ich nicht bedacht. LG Esther

  7. Ha, super. Ja, manchmal muss man es einfach ein für alle mal erklärt haben. Nicht jeder versteht, dass es ein gaaanz normales Hobby ist. Toll geschrieben.

    1. Ich erkläre durchaus gern, was es damit auf sich hat, aber ich bin diese Verteidigung gegen die Unterstellung leid, ich würde meine Zeit nicht sinnvoll einsetzen.

      Es ist zugegeben für „Außenstehende“ schwer zu verstehen. Aber dann freue ich mich über eine „neutrale“ Fragestellung.

  8. Wenn ich das hier so lese, bin ich echt gespannt was meine Freunde und Familie dazu wohl sagen werden. Ich mache das Ganze noch nicht lang und dachte ich teste es erstmal, bevor ich anfange mich rechtfertigen zu müssen.
    Habt Ihr es gleich von Anfang an euren Freunden erzählt?

    1. Hallo,
      da ich eine urlaubsbedingte Blogpause eingelegt habe, schalte ich Deinen Kommentar erst heute frei.

      Dies hier ist mein dritter Blog und diesmal bin ich relativ entspannt – weil älter und weiser 😉 – und habe kein Problem (mehr) damit, wenn mich Menschen aus dem „echten“ Leben lesen.
      All das würde ich denen nämlich genauso erzählen.

      Ich sehe es auch überhaupt nicht ein, mich zu rechtfertigen, bloß weil mein Hobby nicht häkeln, Yoga oder musizieren ist. 😉

      Überlege Dir aber dennoch gut vorher, ob und wem Du davon erzählen willst. WEIL es eben doch nicht jeder versteht. Was auch wichtig ist: Besprich die Sache mit dem Partner. Mein Mann wusste das von Anfang an und es gibt auch Artikel, wie zB die mit der Depressions-Thematik oder manche, die Erziehungsthemen behandeln, die lasse ich von ihm gegenlesen. Wenn er ein ungutes Gefühl hätte, würden wir sie überarbeiten oder lassen. Das habe ich ihm fest versprochen, da das alles auch sein Privatleben tangiert.

      Eins ist aber das Wichtigste: Hab viel Spaß dabei, das ist die Hauptsache.

      Alles Gute
      Tante Emma

  9. Sehr spannendes Thema, mein erstes Weblog habe ich 2001 begonnen und auch ich hatte 2 Jahre später wildfremde Menschen über Nacht in meiner Wohnung! Sogar noch Ausländer aus Deutschland 🙂 zu der Zeit wurde viel diskutiert, dass die Leute durch das Internet vereinsamen würden, während ich über mein Weblog Leute kennen gelernt habe, ich ich real nie getroffen hätte! Der Taufpate meiner Tochter ist der Sohn einer solchen Bekanntschaft! Aber rechtfertigen musste ich mich nie, die die es nicht verstehen haben nicht weiter gefragt und die andern kannte ich aus dem Netz!

    1. Hallo und herzlich willkommen.
      Sorry, dass ich Dich jetzt erst freigeschaltet habe, ich hab lange mit einer Sommergrippe flachgelegen.

      Mir geht es genauso. Ich habe heute Menschen, die ich als Freunde bezeichne, die ich ohne das Internet nie kennengelernt hätte. Und das wäre sehr schade gewesen. Es erleichtert eben den Kontakt zu Menschen, die auf der gleichen Wellenlänge sind und die gleichen Interessen haben. „Alte“ echte Freunde, zB Schulfreunde hat man ‚zwar‘, aber da lebt man sich manchmal sehr auseinander über die Jahre und bleibt doch irgendwie verbandelt. Was aber eigentlich nichts mehr bringt. Umso mehr freut es mich, dann neue Menschen in meinem Leben zu haben, die eine Bereicherung sind.
      Liebe Grüße
      Tante Emma

  10. Sehr spannendes Thema, mein erstes Weblog habe ich 2001 begonnen und auch ich hatte 2 Jahre später wildfremde Menschen über Nacht in meiner Wohnung! Sogar noch Ausländer aus Deutschland 🙂 zu der Zeit wurde viel diskutiert, dass die Leute durch das Internet vereinsamen würden, während ich über mein Weblog Leute kennen gelernt habe, ich ich real nie getroffen hätte! Der Taufpate meiner Tochter ist der Sohn einer solchen Bekanntschaft! Aber rechtfertigen musste ich mich nie, die die es nicht verstehen haben nicht weiter gefragt und die andern kannte ich aus dem Netz!

    1. Hallo und herzlich willkommen.
      Sorry, dass ich Dich jetzt erst freigeschaltet habe, ich hab lange mit einer Sommergrippe flachgelegen.

      Mir geht es genauso. Ich habe heute Menschen, die ich als Freunde bezeichne, die ich ohne das Internet nie kennengelernt hätte. Und das wäre sehr schade gewesen. Es erleichtert eben den Kontakt zu Menschen, die auf der gleichen Wellenlänge sind und die gleichen Interessen haben. „Alte“ echte Freunde, zB Schulfreunde hat man ‚zwar‘, aber da lebt man sich manchmal sehr auseinander über die Jahre und bleibt doch irgendwie verbandelt. Was aber eigentlich nichts mehr bringt. Umso mehr freut es mich, dann neue Menschen in meinem Leben zu haben, die eine Bereicherung sind.
      Liebe Grüße
      Tante Emma

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