Die Sache mit dem Willen

Letzte Woche hat Béa auf ihrer Facebook-Seite eine Elternfrage eingestellt und ich fühlte mich davon sehr angesprochen. Es ging um die Autonomiephase und was Eltern denn machen sollen, wenn Kinder sich partout nicht anziehen lassen wollen. Ich habe mir erlaubt, dazu auch meinen Senf abzugeben und war überrascht, wieviel Zuspruch mein Kommentar erlangte.

Meine Antwort war im Wortlaut folgender:
Ja, das kennen wir auch. Tschacka!!
Wenn Mama und Papa beide zu Hause sind, dann wird eben nach der abwesenden Oma gerufen, etc.

Wir haben – in Absprache mit der Kita – folgende Lösung – weil ich, nachdem wir EINMAL das Kind vierhändig angezogen habe, die Bremse gezogen habe, das will ich nie wieder erleben: Wenn das Kind sich nicht anziehen lässt und immer zwischen den Bezugspersonen hin- und herspringt, dann wird sie so, wie sie ist, ins Auto gepackt. Wir haben sie, als es jetzt noch mal kalt war, in Longsleeve und Strumphose zur Kita gebracht, liebevoll in eine Decke gehüllt. In der Kita hat die Erzieherin sie dann angezogen, nachdem der Papa sich kurz, aber lieb verabschiedet hat.
Seitdem sagen wir spätestens nach dem dritten „kommt bitte her, ich möchte Dich anziehen/Dir dabei helfen, ganz ruhig und entspannt: „Ok, Du willst jetzt nicht, Papa muss aber los, dann gehst Du so mit.“
Sie lässt sich dann ohne Probleme anziehen. Wir diskutieren also nicht mehr, sondern bleiben ruhig und sagen, wie es weiter geht. Im Übrigen sucht sie Abends die Klamotten für den nächsten Tag selbst aus, denn sonst wird von der Socke über die Unterwäsche bis zu den Schuhen diskutiert. Das hat man dann Abends entspannt rausgelegt, dann wird morgens – mittlerweile immer entspannter – das selbst ausgesuchte angezogen.

Uns hilft, dem Thema nicht so viel Aufmerksamkeit zu spenden: In Ruhe besprechen, die nächsten Schritte ankündigen und im Worst Case das Kind im Schlafanzug mitnehmen.

Ich möchte mit dem Kind nicht kämpfen, schon gar nicht körperlich. Sie entscheidet, sie friert.“

Ich weiß, dass das sicher nicht für jedes Kind passt oder für jede Situation und jedes ‚Gemüt‘. Für uns ist es momentan der Weg, der funktioniert.

Außerdem geht es bei der Sache mit dem Willen meiner Meinung nach nie ums z.B. Anziehen. Es kommt dem Kind aufs Wollen an sich an, es will wollen, so dass die wechselnden Themen (Anziehen, Eis, Schokolade, Schaukeln statt schlafen) nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Es sind also nur scheinbar unbegründete Trotzreaktionen (Trotz als Wort mag ich nach wie vor nicht, aber Autonomiereaktion klingt sonderbar), so dass das ständige Nein-Sagen des Kindes und der Eigensinn sich selbst erklärt. Das Kind erlebt sich als Zentrum des Wirkens, es begreift, dass es „Macht“ ausüben kann, die Umgebungsmenschen beeinflussen und eigene Wünsche durchsetzen. Das ist hochspannend, wenn man 2,5 Jahre alt ist und bedarf daher vieler Wiederholungen. 😉

Liebe Eltern: Tschacka! Wir schaffen das. Für die Kinder ist es noch viel aufregender und anstrengender, als für uns.  <3

Kommentare (2)

  1. Wunderschön geschrieben…

    Ich habe mich so sehr wiedergefunden, denke ich doch manchmal, ich bin morgens die Einzige 🙁 Und alle anderen Kinder gehen brav an Mamas/Papas Hand schick und schnell angezogen Richtung KITA. Danke!

    Besonders auch für das „Uns hilft, dem Thema nicht so viel Aufmerksamkeit zu spenden: In Ruhe besprechen,…“

    1. Ich finde, es ist die allerwichtigste Erkenntnis für uns Eltern: Wir sind nicht allein. 🙂 Alle, die was anderes behaupten, lügen. Ich finde, es braucht noch mehr Solidarität untereinander, aber generell sollte man das eben im Hinterkopf halten. Kinder funktionieren nicht, wie wir das manchmal gern hätten und alle durchlaufen die gleichen Entwicklungsschritte.

      Tschacka! 🙂

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