Ich lobe mein Kind

Das Thema des Lobens ich derweil auch eins, das immer mal wieder und durchaus kontrovers in der Mama-Bubble diskutiert wird. Die eine Seite lobt aus Prinzip nicht und die andere sehr bewusst. Und irgendwas dazwischen.

Ich mache das so wie immer: Nach meinem Bauchgefühl (selbst übers Bauchgefühl und das, was ich Intution nenne, wird gestritten, denn es wird ja durchs eigene Erleben angefüttert und das ist ja subjektiv und durch ‚alte‘ Normen und Werte entstanden und… – ich schweife ab.) handle ich im Umgang mit meinem Kind und nachdem, wie ich es gerne gehabt hätte. Wenn ich sehe, dass der Keks etwas macht und dann von einem Ohr zum anderen strahlt und mich erwartungsfroh anguckt, dann sage ich: „Wow, das hast Du grad richtig gut hinbekommen.“ Ich sage nicht: „Ich sehe, Du hast grad Deinen ersten Purzelbaum gemacht.“ Nein, ich flippe total authentisch aus und freue ich mit ihr mit, dass sie das gerade geschafft hat. Und dann sage ich noch sowas wie: „Das ist ja eine tolle Sache, nachdem Du das jetzt so oft geübt hast. Ich freue mich mit Dir.“ Und dann lobe ich ganz sicher nicht jeden weiteren Purzelbaum. Aber der erste – der ist was besonderes.

Anders ist es gerade zB beim Trockenwerden. Der Keks geht in der Kita den ganzen Tag auf die Toilette, zu Hause klappt es auch zu 95 % zuverlässig und unterwegs hatten wir ein paar Situationen, da hat sie Bescheid gesagt und ich habe dann mit ihr eine Toilette aufgesucht oder eine Gelegenheit in freier Wildbahn gefunden. Darüber sind dann manchmal ein paar Minuten vergangen und ich habe sie danach jedes Mal gelobt, dass sie es dann bis zum Moment der Erleichterung geschafft hat, einzuhalten. Eben aus dem Grund, weil ich stolz darauf bin, dass sie das schafft und so rechtzeitig Bescheid gesagt hat, dass wir noch eine Toiletten-Lösung finden konnten.
Wenn es hingegen nicht klappt oder sie einfach kommentarlos in die Panty gemacht hat, weil sie vergessen hat, dass sie mal muss, dann sage ich „Oh. Na sowas. Dann klappt es bestimmt beim nächsten Mal wieder.“

Es ist mein fester Vorsatz, es genauso weiter zu machen. Die neuen Dinge/erlernte Fähigkeiten durch Worte mitzufeiern und auch zum Beispiel Ausdauer und Durchhaltevermögen ebenso positiv zu begleiten. Durchaus angetriggert von der Frage, was könnte ICH gerade brauchen bzw. was hätte ich als Kind gebrauchen können?

Ich bin mit einem Mangel an Lob großgeworden und das ist eigentlich eine große Untertreibung. Der Blick auf mich war stets ein defizitärer und es war nie gut oder gut genug, was ich tat. Also lieferte ich irgendwann nicht mehr ab und befand mich in einer Spirale aus auf der einen Seite Kritik und auf meiner Seite Verweigerung. Eine ungute Entwicklung. „Erstauntlich, dass aus Dir trotzdem was geworden ist.“ Ein Satz, der mich lange begleitete. Aber die Person, die ich geworden bin, die will ihrer Tochter zur Seite stehen. Ich will das Gute anleuchten und das weniger Gute nicht wegignorieren. Ich möchte ihr damit das Gefühl geben, dass ich sehe, was sie kann, worin sie sich bemüht und ehrlich benennen können und dürfen, wo es eben nicht klappt. Ich möchte sie tatsächlich auch zu etwas ermuntern, bei dem sie Gefahr läuft, zu scheitern. Zum einen finde ich das grundsätzlich wichtig, zum anderen möchte ich ihr damit vermitteln, dass sie sich meiner auch in Momenten des „Versagens“ sicher sein darf.

Manchmal möchte sie auf Spielplätzen Klettergeräte für deutlich größere Kinder ausprobieren oder andere wagshalsige Unternehmungen. Dann sage ich: „Wenn Du es Dir zutraust, dann tue ich das auch. Versuch es, ich bleibe hier bei Dir stehen.“ Manchmal bricht sie dann ab, manchmal klappt es. Wenn sie einen solchen Kletterversuch abbricht, sage ich: „Super, dass Du es versucht hast. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal.“ Was ich nicht möchte ist sagen, dass sie etwas nicht kann. Sondern eher, dass sie etwas noch nicht kann.

All dies tue ich, weil ich mich damit ‚gut‘ fühle und es sich für mich im Umgang mit dem Keks richtig anfühlt. Bislang hat sie zumindest nicht signalisiert, dass sie sich nicht gesehen fühlt. Was mich sehr froh macht ist, dass der Gatte das alles auch so sieht. Ich habe im Vorfeld dieses Artikels auch nochmal mit ihm darüber gesprochen.

Ob das nun alles tatsächlich so richtig ist, wie wir das machen, dass wird die Zeit zeigen. Ich wünsche es mir sehr.

Wie ist Eure Haltung zum Loben?

Kommentare (3)

  1. Das ist ein Thema, das im ganzen Leben relevant ist.
    Hast du im Berufsleben einen Chef, der nicht lobt, gerne aber kritisiert, bist du am Ende was? Demotiviert, frustriert und mit Pech wartet um die Ecke ein Burnout.
    Der verstorbene Mann nannte das „the american way of work“. Für eine „Backpfeife“ gab es 10 x ein Lob. Wir haben teilweise echt gesessen und überlegt, welche Stärken der Einzelne hat, damit wir im Zweifel gewappnet sind.
    Damit sind wir im Geschäft gut gefahren, lauter zufriedene Mitarbeiter und mit Kindern ist das nichts anderes. Wobei man beim eigenen Kind nun nicht nach Stärken suchen sollte, sondern sich derer bewusst sein muss.
    Wie ich immer sage: Leben ist nichts weiter, als eine Aneinanderkettung von Prioritäten und daraus folgenden Konsequenzen. Möchte ich ein Kind, das unsicher ist, oder eines, das sich seiner Fähigkeiten bewusst ist? Möchte ich einen Menschen in die Welt entlassen, der sich nur seiner Schwächen bewusst ist, oder einen, der sich auch und vor allem durch seine Stärken definieren kann?
    Einfachste Psychologie 😉

  2. Loben ist gleich Wahrnehmung. In dem Alter möchte ich unbedingt, mein Kind Wissen zu lassen, dass ich sie immer und zu jeder Zeit wahrgenommen habe.

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